A. Lange & Söhne und Patek Philippe sind beide Luxusuhrenmarken, die allgemein als „Haute Horlogerie“ eingestuft werden. Beide Unternehmen haben eine lange Geschichte und ein hohes Maß an vertikaler Integration und Uhrmacherkompetenz. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass sich Patek Philippe und A. Lange & Söhne in vielen Details deutlich unterscheiden. Dieser Artikel bietet einen kurzen Überblick über die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen diesen beiden beliebten Marken.
Geschichte
Patek Philippe geht auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, als seine Namensgeber Antoine Nobert de Patek und Jean Adrien Philippe mit Unterstützung des Anwalts Vincent Gostkowski Patek Philippe & Co. gründeten. Philippe, der sich durch die Patentierung der Aufzugskrone einen Namen gemacht hatte, brachte das Uhrmacher-Know-how ein. Um die Jahrhundertwende wurde Patek Philippe eine Aktiengesellschaft, bis die heutigen Eigentümer, die Familie Stern, Patek Philippe etwa 30 Jahre später während der Weltwirtschaftskrise übernahmen. Das Unternehmen unterhielt zu dieser Zeit bereits eine Geschäftsbeziehung mit dem Zifferblatthersteller Fabrique de Cadrans Stern Frères und ergriff die Chance, als nach der Krise ein Käufer für das Unternehmen gesucht wurde. Heute leitet Thierry Stern das Unternehmen seit der Übernahme in der vierten Eigentümergeneration. Damit ist Patek Philippe ein völlig unabhängiges, in Familienbesitz befindliches Unternehmen, das gemessen am Umsatz auch zu den fünf umsatzstärksten Uhrenmarken der Welt gehört. Die Eigentümerstruktur von A. Lange und Söhne ist aufgrund der Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs viel komplizierter, sodass das heutige Unternehmen, Lange replica Uhren GmbH, 1990 gegründet wurde, obwohl es eigentlich viel älter ist. Alles begann Mitte des 19. Jahrhunderts mit der staatlich geförderten Gründung von A. Lange & Cie. durch Ferdinand Adolph Lange. Aufgrund seiner Lage in der sowjetischen Besatzungszone wurde das Unternehmen am Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen mit mehreren anderen Unternehmen im Rahmen der GUB (Glashütte Uhrenbetriebe) verstaatlicht. Mitglieder der Gründerfamilie flohen nach Westdeutschland, wo sie beruflich tätig waren, bis die Wiedervereinigung Deutschlands den Weg für einen Neustart frei machte. Walter Lange, der Urenkel des Gründers, ergriff diese Chance 1990.
Stil & Kollektionen
Würde man die Familie Stern nach dem Stil und den Kernkompetenzen ihrer Kollektionen fragen, würde man vermutlich eine andere Antwort erhalten als von einem Außenstehenden. Patek Philippe ist stolz auf seine Expertise in großen Komplikationen und die Exzellenz seiner Handwerkskunst, die die Marke unter der Überschrift „Seltene Handarbeiten“ zusammenfasst. Dazu gehören Techniken wie Guillochieren, Gravieren, Emaillieren und Einlegearbeiten. Die Calatrava-Kollektion von Patek ist eine Reihe von Modellen, die von vielen als Inbegriff der eleganten Dresswatch angesehen werden. Seit einiger Zeit wird das öffentliche Bild der Marke vom Hype um die Nautilus-Kollektion dominiert, die neben der Audemars Piguet Royal Oak trotz des jüngsten Marktcrashs weiterhin zu den begehrtesten Uhren der Welt gehört. Aufgrund mangelnder Verfügbarkeit und der beachtlichen Preise, die jede Version der Nautilus auf dem Zweitmarkt erzielt, hat sich dieser Hype auf andere Modelle wie die Aquanaut ausgeweitet, eine sportlichere Version der Nautilus.
Um diesem Trend zur „Einzelmodellmarke“ entgegenzuwirken und mit dem Nachfolger Ref. 5811 in Weißgold Exklusivität und Preis zu steigern, hat Patek Philippe die Produktion der Edelstahl-Nautilus Ref. 5711 eingestellt. Neben der Nautilus, Aquanaut und Calatrava verfügt Patek Philippe auch über weitere Kollektionen wie die traditionelle Golden Ellipse-Serie und die Damenuhrenlinie Twenty~4. Schließlich versammelt die Kollektion Grandes Complications hochkomplexe Zeitmesser, die viele Rekorde gebrochen haben. Vor kurzem präsentierte der Hersteller seine erste neue Kollektion seit 25 Jahren, die höchst umstrittene Cubitus, die noch einmal deutlich auf das beliebte Thema der sportlichen Uhr mit integriertem Armband anspielt.
A. Lange & Söhne hat sechs Kollektionen. Die Lange 1, eines der Kultmodelle, die bei der Neugründung des Unternehmens eingeführt wurden, verfügt über exzentrische Zifferblätter, eine Gangreserveanzeige und ein patentiertes übergroßes Datum.
Die Kollektionen Saxonia, 1815 und Richard Lange bieten eine breite Palette an Uhren, von einfachen Dreizeigermodellen bis hin zu großen Komplikationen, mit überwiegend klassischem und manchmal ausgesprochen konservativem Design. Eine weitere Ikone der Marke Patek ist der Chronograph Datograph. Die Kollektion Zeitwerk hingegen ist futuristisch und technisch und zeigt die Zeit „digital“ mit springenden Zifferblättern an, obwohl das Herz der Uhr mechanisch und analog bleibt. Eine Minutenrepetitionsversion der Zeitwerk ist ebenfalls erhältlich. Schließlich konnte Lange es sich nicht verkneifen, 2023 die Odysseus vorzustellen, eine sportliche Uhr mit integriertem Armband.
Handwerkskunst & Qualität
Wer die Qualität und Handwerkskunst der Uhren von Patek Philippe und A. Lange & Söhne vergleichen und gegenüberstellen möchte, muss sehr genau hinschauen. In diesem Marktsegment sind Sonderanfertigungen eine Selbstverständlichkeit; selbst die engste Definition von „Inhouse-Kaliber“ oder „Manufakturwerk“ ist eine Selbstverständlichkeit. Dass bei der Endbearbeitung der nicht immer maschinell gefertigten Komponenten viel Handarbeit anfällt und die Qualitätskontrolle einwandfrei sein muss, versteht sich von selbst. Schauen wir uns also die Qualitätsstandards, die sich diese beiden Hersteller selbst auferlegt haben, etwas genauer an. Patek Philippe hatte sich vor einigen Jahren von der etablierten „Genfer Punze“ abgewandt und mit dem Patek Philippe Siegel einen eigenen Qualitätsstandard geschaffen, den seine Zeitmesser erfüllen müssen. Das war umstritten – nicht zuletzt wegen der fehlenden Unabhängigkeit der Kontrollinstanz – aber auch verständlich, da die Genfer Punze nur für Uhrwerke gilt und nicht für die gesamte Uhr, was Patek Philippe mit dem eigenen Standard erreichen wollte. Besonders hervorzuheben ist bei A. Lange & Söhne die Praxis der zweifachen Montage, die explizit für jedes Modell durchgeführt wird. Der Begriff bezeichnet die Montage des gesamten Uhrwerks im unfertigen Zustand. Jedes Kaliber wird gebaut und einsatzbereit eingestellt, um dann wieder zerlegt zu werden. Anschließend werden die Oberflächen der verschiedenen Komponenten fertiggestellt und das Uhrwerk ein zweites und letztes Mal montiert. Dies stellt natürlich einen enormen Mehraufwand dar, der sich im Preis der Zeitmesser niederschlägt. Doch was bedeuten diese Qualitätsstandards konkret? Und können wir sagen, dass Uhren von Patek Philippe oder A. Lange & Söhne „hochwertiger“ sind als die der Konkurrenz? In manchen Fällen sind solche Urteile möglich, aber wir können diese Urteile nicht wirklich auf einen gesamten Markenkatalog anwenden, von einfachen Dreizeigermodellen bis hin zur Grandmaster Chime oder Grand Complication beispielsweise. Testen wir unseren Vergleich mit repräsentativen Modellen wie der Lange 1 Moon Phase und beispielsweise der Nautilus 5712 am Stahlarmband. Beide haben einen UVP zwischen 53.000 und 59.000 Dollar. Das Uhrwerk der 5712 stammt aus der Mikrorotor-Kaliber-240-Linie des Unternehmens und bietet einen Datumszeiger, eine Mondphasenanzeige und eine Gangreserveanzeige. Das Basiskaliber stammt aus dem Jahr 1977, seine modernen Nachfahren enthalten jedoch Innovationen wie Pateks Spiromax-Silizium-Spiralfeder und eine freischwingende Unruh mit Masseschrauben. Natürlich sind die Platinen abgeschrägt und mit Genfer Streifen versehen.
Lange verzichtet bewusst auf die Verwendung von Silizium, da solche Komponenten von Uhrmachern nicht ohne weiteres modifiziert oder hergestellt werden können und nicht zur Philosophie der Marke passen. Objektiv geht Lange bei der Oberflächenveredelung seiner Werke einen Schritt weiter als Patek-Modelle in vergleichbaren Preiskategorien. Die klassische Glashütter Dreiviertelplatine verfügt über einen handgravierten Unruhkloben und verschraubte Chatons für die Lagersteine. Es ist nicht überraschend, dass A. Lange & Söhne in Sachen Veredelung vor Patek Philippe liegt, zumindest wenn es um die „Volumenmodelle“ beider Marken geht. Einige Autoren haben bereits grobe Studien versucht, um anhand öffentlicher Informationen und Aussagen der Marken die Anzahl der Uhrmacherstunden zu ermitteln, die in einer durchschnittlichen Uhr eines Herstellers stecken. Klar ist, dass eine typische Lange-Uhr viel mehr Stunden Handarbeit erfordert als eine von Patek Philippe. Man sollte sich vor Augen halten, dass Patek Philippe mit rund 1.600 Mitarbeitern über 60.000 Uhren pro Jahr produziert, während Lange mit knapp über 800 Mitarbeitern rund 6.000 Uhren produziert. Dass die Produktion bei Patek Philippe stärker industrialisiert ist als bei Lange, ist kein Geheimnis.
Da die Kataloge beider Hersteller jedoch preislich und damit auch in Verarbeitung und Komplexität um mehrere Größenordnungen überspannen, würde ein pauschales Urteil unsererseits viel Raum für Zweifel lassen. Dieser isolierte Blick auf zwei „typische“ Modelle soll lediglich einen Trend verdeutlichen, der stellvertretend für viele Zeitmesser beider Marken steht.
Wert & Begehrlichkeit
Nach dem Hype um die Nautilus kann man mit Sicherheit sagen, dass Patek Philippe eine der begehrtesten Uhrenmarken der Welt ist. Wenn Sie ein gefragtes Modell bei einem autorisierten Händler bekommen (was nicht sehr wahrscheinlich ist), müssen Sie nicht nach dem Werterhalt fragen, sondern eher danach, wie stark der Wert der Uhr im Laufe der Zeit steigen wird. Die Preise auf Plattformen wie Chrono24 zeugen davon. Sogar Modelle aus Pateks umstrittener Cubitus-Kollektion erzielen bereits Preise weit über ihrem ursprünglichen UVP. Wenig überraschend ist die Nachfrage nach der Odysseus aus Edelstahl bei Lange stark. Ein Blick auf Statistiken von Drittanbietern zeigt jedoch, dass Menschen, die Uhren in erster Linie als Investition betrachten, bei Patek Philippe eine viel größere Auswahl finden. Natürlich ist es bei beiden Marken nicht möglich, die begehrtesten Modelle bei einem autorisierten Händler zu kaufen, ohne zuvor bei diesem Händler gekauft zu haben, oder nur mit sehr langer Wartezeit. Apropos Wartezeiten: In Bezug auf den Service können Sie von beiden Marken dasselbe erwarten.
Fazit
Es ist fast unmöglich zu beurteilen, welche der beiden Marken „besser“ ist, da ein solches Urteil eigentlich irrelevant ist. Letztlich sind es viele weiche Faktoren, die – neben den harten Fakten – darüber entscheiden, ob ein Uhrenfan ein A. Lange & Söhne- oder ein Patek Philippe-Anhänger wird. Vielleicht hat Ihnen dieser Vergleich eine bessere Orientierung gegeben.